Klassentreffen:Warum alte Freunde gut für die Seele sind
Am Wochenende war Klassentreffen! Oder in unserem Fall: Abicamp. Ganze drei Tage reden, lachen, feiern, wandern, spielen und singen.
Dieser Zustand zwischen gefühlt zurückgekehrter Jugendlichkeit und der gleichzeitig allgegenwärtigen Realität des Älterwerdens…
Die Geborgenheit, die spürbar ist: hier bin ich akzeptiert ohne Wenn und Aber, es braucht keine Erklärung und keine Selbstdarstellung.
Hier kann ich einfach sein. Wie zu Hause.
Eines der sozialen Grundbedürfnisse wird mit Leichtigkeit erfüllt: Das Gefühl der sozialen Zugehörigkeit “Sense of Belonging”.
Unsere Leben verlaufen seit vielen Jahren getrennt, aber in gewisser Weise parallel. Es kommen ähnliche Themen zur gleichen Zeit auf, zunächst waren es Studium und Ausbildung, der Berufseinstieg, Hochzeiten/Partnerschaft und bei vielen die Schwangerschaften und Kinder, deren Entwicklung und Erziehungsthemen.
Später berufliche Karriere, zuweilen Trennungen und andere erste Lebenskrisen.
Neue Nähe entsteht, wo Lebenssituationen sich ähneln.
Gespräche und Austausch geben Halt, wenn es mal nicht so läuft.
Hier kann man es sagen, ohne sich zu schämen. Denn die Basis und das Grundvertrauen sind da.
Beim diesjährigen Treffen höre ich viel von Überlastung im Beruf und der individuellen Suche nach Auswegen. Mancher reduziert seine Arbeitszeit oder plant ein Sabbatical, andere kündigen und fangen noch einmal etwas Neues an, wieder andere starten nach der Corporate Karriere spät in eine Selbständigkeit so wie ich.
Spürbar ist die Mitte des Lebens erreicht, diese Zeit, in der vieles in Frage gestellt wird und es höchste Zeit ist, die eigenen Träume zu verwirklichen.
Bemerkenswert ist der Umgang miteinander. Wir sind uns im Alltag nicht mehr nah, aber wenn es darauf ankommt, kann man sich auf genau diese Menschen verlassen. Wenn eine auf der Bahnstrecke strandet, weil der Zug nicht mehr weiter fahren kann, wird sie abgeholt. Wenn eine mit Sonnenstich und dehydriert im Bett liegt, wird sich gekümmert. Wenn einer seinen Schlüssel verliert, helfen alle bei der Suche auf dem ganzen Gelände. (Alles an diesem Wochenende passiert!)
Die Erkenntnis: Was uns verbindet, ist nicht nur die Vergangenheit. Wir mögen uns auch jetzt als Menschen!
Mit manchen hat man sogar erstmals jetzt längere und richtig gute Gespräche geführt. Ist das schon die berühmte Weisheit des Alters? ;-)
Fest steht jedenfalls, dass wir offener geworden sind.
Früher waren mehr ideologische Gräben und Grüppchenbildung, wir alle haben uns entwickelt. Manche überzeugte Linke bezeichnet sich selbst als viel konservativer als früher. Mancher frühere überzeugte CDU-Wähler gibt am Lagerfeuer zu, er sei immer schon insgeheim ein Linker gewesen.
Vieles wird auch schön geredet, klar.
Verdrängt oder verklärt.
Die Parties, der Spaß, den man auf den Abschlussfahrten nach Paris und in die DDR hatte. Ja, in die DDR, die gab es damals noch, so alt sind wir schon!
Und dann tut es auch einfach gut, gar nicht viel zu reden, sondern gemeinsam Zeit zu verbringen. Wir spielen Tischtennis, Rundlauf wie früher hinten im Klassenraum in der kleinen Pause. Wir gehen wandern und kühlen uns im Badesee ab. Stürmen die Wasserrutsche - es ist einfach wunderbar.
Zu später Stunde wird gesungen, der Entertainer unter uns hat die Gitarre dabei und wir suchen ganz weit hinten in den Gehirnwindungen nach den Liedtexten von damals.
Die Nacht ist kurz, der Kopf brummt, die Freude ist groß.
Wieder zu Hause angekommen, geht das Scherzen in der WhatsApp Gruppe weiter. Wir schreiben uns, wie dankbar wir für diese Tage sind und wie schön es war. Es wird noch ein paar Tage nachklingen, bis der Alltag übernimmt.
Dann schreiben wir uns wieder nur zu Weihnachten oder anderen besonderen Anlässen, bis das nächste Treffen ansteht.
Und es wird wieder sein wie immer!
Danke, dass es UNS gibt.